Es ist da. Mein neues Reiserad. Nachdem ich für ein paar Wochen zurück in Chile war, kann ich mein zum Randonneur umgebautes Böttcher Expedition im Fahrradladen Saarbrücken in Empfang nehmen.
Und was für ein schönes Stück ich mir da habe zusammenbauen lassen. Okay, es war nicht ganz billig, aber zumindest von der Optik her ist es seinen Preis wert. Und da das Wetter jetzt Ende September auch noch ganz okay ist, mache ich mich auch fast direkt auf zu einer mehrtägigen Radtour, mit Besuchen in Mainz und Bonn.
Der Nahe-Radweg
Mein deutsches Zuhause befindet sich in der Nähe von Idar-Oberstein, nach etwa einem Drittel des Nahe-Radwegs (von der Quelle zur Mündung gerechnet). Dieses obere Drittel habe ich daher schon letztes Jahr mal unter die Räder genommen, und fand es trotz (oder wegen) der enthaltenen Steigungen ganz nett. Auch das Stück zwischen Idar-Oberstein und Bad Sobernheim kenne ich schon, von einer Radtour mit meinen chilenischen Freunden vor zwei Monaten. Davon war ich allerdings weniger begeistert, da man speziell in Idar-Oberstein eigentlich nicht an der Nahe langfährt, sondern durch ein Gewerbegebiet. Und auch in Kirn ist die Streckenführung neben der Bahnlinie nicht unbedingt attraktiv.
Umso erfreuter war ich, dass es nach Bad Sobernheim dann erstmal fernab der B41 weiterging. Entlang des Nahe-Stausees bei Boos und durch die Weinberge von Ober- und Niederhausen ist das Radfahren deutlich angenehmer. Und auch die Schotterstrecke zwischen Niederhausen und Bad Münster am Stein-Ebernburg macht Spaß, dank der Aussichten auf die Klippen der anderen Naheseite.
Dann das böse Erwachen in Bad Münster am Stein: „Fahrradfahrer absteigen!“ Fordert man Autofahrer auf der A3 auf, ihr Auto zu schieben? Warum ist der Deutsche nicht in der Lage, eine durchgehende Fahrrad-Infrastruktur zu kreieren? Ich ignoriere das Schild vor einer engen Brückendurchfahrt und fahre weiter. Die Uferpromenade in der Stadt sowie die Gradierwerke mit ihrer „Seeluft“ versöhnen mich ein wenig. Auch Bad Kreuznach scheint ein recht schönes Städtchen zu sein. Zwar habe ich in der Innenstadt Zweifel, ob ich mich in einer Fußgängerzone befinde und eventuell von irgendeinem Besserwisser zum Absteigen aufgefordert werde, aber nichts dergleichen passiert, und ich notiere mir im Geiste, irgendwann mal wieder an einem lauen Sommerabend nach Bad Kreuznach zurückzukehren.
Ab hier weitet sich das Nahetal, man fährt jetzt also durch eine überwiegend flache Landschaft, durch Wiesen und Felder. Nicht schlecht, aber auch nicht übermäßig spektakulär. Mittlerweile hat es sich auch bewölkt, daher gebe ich ein bisschen Gas und bin gegen halb vier an der Nahe-Mündung. Ich gönne mir eine Pause und bitte ein paar andere Radfahrer, das obligatorische Foto von mir zu machen. Lange halte ich mich aber nicht auf, denn es sieht ein bisschen nach Regen aus.
Hinterm Deich am Rhein
Der Rheinradweg bis Mainz ist leider – bis auf die ersten paar Kilometer – eine herbe Enttäuschung. Meist fährt man hinter dem Deich rum, und sieht statt des Rheins vor allem Einfamilienhaussiedlungen. Diese werden bald durch Schrebergärten abgelöst, und als ich mich Mainz nähere, geht es an Hauptstraßen entlang durch Industriegebiete. Nee, schön ist anders. Ich bin froh, als ich in die Nähe des Mainzer Bootshauses komme, denn hier geht es vom Rhein weg Richtung Westen, wo Jana (eine Freundin von mir) wohnt, die ich für zwei Tage besuchen werde.
Als Fazit bleibt festzustellen, dass mein Eindruck von den Radwegen heute eher durchwachsen ist. Zwar hat es für Langstreckenradler einen gewissen Reiz, den kompletten Rheinradweg unter die Räder zu nehmen, aber vom landschaftlichen Gesichtspunkt her sollte man sich die Rheinbiegung vielleicht sparen und geradeaus durch Rheinhessen fahren. Es sei denn, man legt Wert auf die (durchaus vorhandenen) Sehenswürdigkeiten in Mainz.
Und auch mein Fahrrad zickt rum. Der Schaltgriff für den vorderen Umwerfer hat irgendwelche Probleme, auf’s kleine Kettenblatt komme ich nur noch mit Glück. Ich kann hier direkt vorwegnehmen, dass sich das Ganze noch verschlimmern wird und ich den Griff letztendlich als Garantiefall reklamieren werde. Zwar ist das, solange es relativ flach ist, kein akutes Problem. Aber ärgerlich ist es natürlich schon, da ich den Austausch des Griffs dann wohl nächstes Jahr irgendwie organisieren muss, bevor ich mit dem Rad irgendwo hin fahren kann. Naja, davon lasse ich mir den Aufenthalt in Mainz und die Tage mit Jana nicht vermiesen.