Na, das war doch jetzt mal eine etwas erfolgreichere Woche. Zunächst mal haben sie von der Werkstatt angerufen und mir gesagt, dass mein Auto bald fertig ist. Und darüber hinaus ist mein Antrag auf eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hier in Chile mittlerweile im Computer und ich weiß, dass es vorwärts geht und welche Dokumente ich noch nachreichen muss. Nach diesen psychologisch wichtigen Informationen konnten wir guter Dinge unsere Wochenendaktivitäten planen. Beide Tage sollte es in die Berge gehen.
Samstag: Trekking
Am Samstag entscheiden wir uns für eine gemäßigtes Trekking zum Salto de Apoquindo. Allerdings ohne Stress. Als wir gegen halb elf am Parkeingang sind, und nachdem wir unsere 2000 Pesos pro Person Eintritt gezahlt haben, sagt man uns, dass es aufgrund der Uhrzeit „verboten“ sei, noch zum Salto aufzubrechen, und uns nur noch kürzere Trails zur Verfügung stehen. Na, das kenne ich schon, vor ein paar Wochen war ich schonmal hier (um 10:40) mit derselben Information, konnte aber gemütlich zum Salto und zurück wandern und war um 17 Uhr wieder am Ausgang des Parks. Heute war allerdings Wochenende, und als wir gegen elf an eine Stelle kommen, wo es einen Bach zu überqueren gibt, eröffnet man uns, dass wir nicht weiter dürfen. Alles Argumentieren hilft nichts, schon gar nicht der Hinweis darauf, dass man Hin- und Rückweg locker noch schaffen kann. Die Regeln sind halt für alle da, ohne Ausnahme, und um 13 Uhr würde man uns am Salto eh schon zur Rückkehr auffordern. Sorry, aber was für ein Bullshit. Der Rückweg dauert zweieinhalb bis maximal drei Stunden, und der Park macht um sechs zu. Wir geben uns zwar geschlagen, um nicht auf einer möglichen schwarzen Liste zu landen (man weiss ja nie…), aber ich ärgere mich trotzdem. Letztendlich treffe ich für mich die Entscheidung, diese Praxis nicht mehr mit meinen Eintrittsgeldern zu unterstützen. Hier geht es nicht um den Schutz der Natur, sondern nur um Kontrolle. Den Salto kenne ich eh schon zu Genüge, und ich werde halt in Zukunft versuchen, interessante Punkte in dieser Berglandschaft über andere, weniger offizielle Pfade zu erreichen. Ob mir das gelingt, darüber werde ich zu gegebener Zeit berichten.
Wir machen aus der Not eine Tugend und gehen den Hauptweg zurück, verlassen ihn jedoch bald und wandern einen Pfad, den wir von früher kennen, aus dem Tal heraus. Hierbei fallen uns an mehreren Stellen Vorbereitungen dafür auf, Zäune anzubringen. Das passt prima in obiges Bild: die Verantwortlichen wollen den Besucherstrom wirklich auf ein paar Pfade beschränken und so kontrollieren. Nee, das hat nichts mit Natur geschweige denn Bergsteigen zu tun, hier wird man sich irgendwann wie in einem Vergnügungspark fühlen, alles verboten und reglementiert.
Aber heute lassen wir uns du Laune nicht verderben, wir wandern bis an einen Aussichtspunkt auf etwa 1450 Metern Höhe, wo wir Pause machen, etwas essen und die Aussicht genießen. Nach etwa 45 Minuten treten wir den Rückweg an, und gelangen wohlbehalten zum Ausgang und mit dem Bus zurück nach Hause.
Sonntag: Radtour
Und auch am Sonntag ist frühes Aufstehen angesagt. Mein Radkumpel Pepe nimmt am Osterwochenende an einem Brevet über 600km teil, und hat mich eingeladen, mit ihm und ein paar Freunden eine Rennradtour nach Lagunillas zu machen, einem Wintersportort südöstlich von Santiago auf etwa 2200 Metern Höhe. Und da ich selber über eine Teilnahme an jenem Brevet nachdenke, habe ich spontan zugesagt.
Morgens um kurz vor sieben geht’s los, noch mit Licht am Rad und reflektierender Weste, um gegen acht Uhr am vereinbarten Treffpunkt an der Stadtgrenze zu sein. Als guter Deutscher bin ich natürlich als Erster da; dazu kommen neben Pepe noch Juan Manuel, Alejandra, und Ricardo, der uns nach 50km während einer Pause kurz vor dem eigentlichen Anstieg einholt.
Dann geht es bergauf, langsam aber stetig. Innerhalb von 17km windet sich die Straße vom auf etwa 1000 Metern gelegenen San José de Maipo hoch nach Lagunillas. Die Straße ist schmal und leer, und ist eine willkommene Abwechslung zum stark frequentierten Anstieg nach Farellones, den wir normalerweise zum Training nutzen. Pepe kann kaum glauben, dass ich trotz meiner vierzehn Jahre in Chile noch nie in dieser Ecke war, erwähnt jedoch auch, dass die relative Einsamkeit dieser Straße auch die Gefahr eines möglichen Überfalls mit sich bringt. Das sind so Dinge, über die man sich in Deutschland gar keine Gedanken machen würde, während man hier eine solche Ausfahrt bevorzugt in einer Gruppe plant. Aber was soll’s, zu mehreren ist es eh interessanter.
Etwas über zwei Stunden – Pausen eingerechnet – benötigen wir für die 17 Kilometer. Die Steigungsprozente haben es zum Teil wirklich in sich, und ich merke in meinen Beinen auch das Trekking von gestern. Lagunillas ist ein kleines Dörfchen mit vielleicht zehn Häusern; wo hier der Skibetrieb stattfinden soll, erschließt sich mir nicht ganz. Hier erwartet uns nicht nur ein Restaurant, wo wir uns ein paar Getränke und Pommes (Kohlehydrate!) bestellen, sondern auch zwei weitere befreundete Radler, mit denen wir uns über die erbrachte Leistung freuen und Radfahrergespräche führen. Sogar ein Schwimmbecken sowie einen Hot Tub gibt es, die lassen wir aber links liegen.
Die Rückfahrt gestaltet sich dann relativ schnell. Nach San José de Maipo geht es nur bergab, und danach veranstalten wir dann ein „Teamzeitfahren“ bis an die Stadtgrenze von Santiago, um den nachmittäglichen Gegenwind auszutricksen. Und nach einen langen Sprint Richtung Innenstadt bin ich um halb fünf nachmittags auch schon wieder zu Hause.