Seit geraumer Zeit stelle ich mir die Frage, ob ich mir für die Zukunft ein neues Reiserad zulegen soll. Was die langfristige Planung angeht, ist die Frage natürlich schon lange beantwortet – mit meinem Trekking-Rad der Marke Mars (eine Eigenmarke des Quelle-Versandhauses) aus dem Jahre 1991 kann ich wohl kaum durch Südamerika oder Afrika radeln. Also ich könnte schon, aber warum ich es nicht will, werde ich an anderer Stelle erzählen. Hier geht es eher darum, ob eben jenes 26 Jahre alte Billigrad für Radtouren in (Mittel-)Europa ausreicht. Nachdem ich einiges an Arbeit und Wartung reingesteckt habe, lautet die Antwort darauf erstmal ja.
Eine Tour, die in der Nähe meines Elternhauses entlangführt und die mir schon seit längerem im Kopf sitzt, ist der Nahe-Radweg. 128 Kilometer von der Quelle in Selbach bis zur Mündung. Den unteren Teil mache ich vielleicht nächstes Jahr, aber die 40 Kilometer von daheim (also was ich in Deutschland „daheim“ nenne) bis zum nominellen Startpunkt des Radweges sollten eine prima Eintagestour darstellen. Also nehme ich mein Uralt-Bike, ein bißchen was zu trinken, und los geht’s.
Gemütliches Einradeln
Die ersten paar Kilometer hatte ich im letzten Jahr schonmal abgefahren: über Niederbrombach und Elchweiler bis hinter Birkenfeld. Im Mittel leicht bergauf, aber alles machbar. In Birkenfeld wird es ein wenig kompliziert, man muss ständig die Augen offenhalten, um keinen der kleinen Wegweiser zu übersehen. Aber danach bis Heimbach geht es auf einer alten Bahntrasse: flach und schnell. Ein Stück zum Geniessen. Wenn nur das Gequietsche meines Lenkkopflagers nicht wäre… Ich kann schonmal vorwegnehmen, dass ich es nach dieser Tour geschmiert und neu eingestellt habe, aber am heutigen Tag war diese Quietscherei bei jedem Lenkmanöver echt nervig. „Macken eines alten Gentleman“ denke ich über mein Rad. Ich werde es überleben.
Berge an der Nahe?
Danach geht es auf einer Landstraße ein paar Kilometer weiter, bevor es in der Nähe der A62 etwas komplizierter wird. Etwas verwinkelt geht die Strecke in ein Waldgebiet, und dann war es mit dem flachen Dahinrollen vorbei. Zwischen Neubrücke und Nohfelden geht es das erste Mal kräftig hoch (und wieder runter). „Flussradweg – alles flach“. Pah! Für Familien mit Kindern dürfte schon dieses Stück ein guter Test der Familienharmonie werden.
Die nächste Herausforderung wartet zwischen Nohfelden und Türkismühle. Erneut geht es in den Wald, erneut geht es bergauf. Zumindest radelt man naturnah, auch wenn von der Nahe hier weit und breit nichts zu sehen ist. Nach einer ersten Abfahrt wartet eine Schutzhütte mir mehreren Leuten und Bierzeltgarnituren. Und Bier haben sie auch. Nicht dass ich eine Schutzhütte bräuchte, das Wetter ist perfekt: sonnig und warm. Beinahe schon zu warm. Ich beschließe, auf der Rückfahrt hier auf ein kühles Blondes anzuhalten (wobei dies offensichtlich ein Frühschoppen war, von dem auf der Rückfahrt keine Spur mehr zu sehen sein wird, schade).
Urlaubsgefühle am Bostalsee
In Gonnesweiler drehe ich eine Extrarunde durch den Ort, weil ich bei der Ankunft an der Hauptstraße nicht richtig aufgepasst und den Wegweiser übersehen habe. Allerdings beweise ich hier ein gutes Gespür dafür, nicht mehr auf dem richtigen Weg zu sein, und nach dieser Runde finde ich problemlos die Fortsetzung. Die Nahe ist hier schon ein kleines Bächlein, das man in einem kleinen Sprung überqueren könnte; kein Vergleich mit dem Fluß, den man weiter nördlich vorfindet.
Nach einer kleinen Steigung gelange ich zum Bostalsee… DAS Freizeitgewässer der Region. Als Jugendliche waren wir zwei- oder dreimal hier, mit den Sandstränden und den Segelbooten fühlt man sich in südlichere Regionen versetzt, und Urlaubsgefühle stellen sich ein. Ein kleiner Vorgeschmack darauf, wie ich mich fühlen werde, wenn ich im kommenden Jahr tatsächlich nochmal mein Fahrrad als Transportmittel in den Urlaub benutzen sollte.
Der Naheradweg führt leider nur über ein oder zwei Kilometer am See entlang. Danach leitet einen die Beschilderung nochmal über (größtenteils asphaltierte) Feld- und Waldwege, durch Felder und Wälder, bevor man zwischen Neunkirchen und Selbach ein Stück entlang einer relativ viel befahrenene Straße radeln muß. Dann geht es noch durch Selbach durch, an einem Feuchtgebiet vorbei, und dann… ja wo ist denn jetzt die Nahequelle? Ich gelange an einen Wanderparkplatz, aber von Nahequelle keine Spur. Eine kurze Unterhaltung mit einer Wandererin klärt auf: noch 100 Meter durch den Wald schieben, und da ist sie! Die Quelle dieses Flusses, der nicht nur die gesamte Region prägt, in der ich aufgewachsen bin, sondern auch den Startpunkt (oder in meinem Fall Endpunkt) des Nahe-Radwegs darstellt. Ziel erreicht. Schön.
Nach einer halbstündigen Pause geht’s über denselben Weg zurück, und nach insgesamt etwas über 80 Kilometers bin ich wieder daheim bei Muttern. Eine interessante Radtour in meiner Heimat, und danach wusste ich auch, was ich an meinem Uralt-Reiserad noch reparieren muss, bevor ich wieder auf längere Touren gehen kann. Die stehen dann 2018 auf dem Programm.