Nach zwei wirklich schönen Tagen in Abraão (ungeachtet der negativen Aspekte der Jungle Lodge) ist es nun soweit. Ein paar „schicke“ Klamotten lasse ich in zwei Plastiktüten in der Lodge, um sie eine Woche später wieder abzuholen, der Rest wandert in den Rucksack. Und nach einem eher gemütlichen Morgen geht’s dann los zu meiner Inselumrundung.

Innen nass, außen nass

Ich bin noch nicht mal aus Abraão raus, da fängt es schon an zu regnen. Naja, das entspricht ja der Vorhersage, wäre aber trotzdem schön gewesen, wenn sie mal nicht stimmt. Zunächst mal mache ich mein Gepäck wetterfest (Rucksack-Regenhülle, wasserdichte Kameratasche), bevor es nach etwa einer Stunde soweit ist: ich ziehe eine Regenjacke an. Ich kann jetzt schon vorwegnehmen, dass das totaler Blödsinn ist. Bei der hiesigen Luftfeuchtigkeit werde ich dann halt nicht vom Regen nass, sondern vom Schwitzen. Dass dies die vermutlich unangenehmere Variante ist, weiß ich erst ein paar Stunden später.

Zwischen 1886 und 1913 gab es auf Ilha Grande eine Quarantänestation mit Lazarett für Einwanderer, deren Ruinen man heute noch besichtigen kann. Genauso wie ein Aquädukt, das Wasser zu eben jenem Lazarett beförderte. Dieses Aquädukt ist ein erstes Highlight auf meiner heutigen Wanderung. Danach geht es auf immer schmaler (und mit dem Regen auch immer rutschiger) werdendem Weg weiter bis zum Wasserfall Cachoeira da Feiticeira, zu dem ich vor sieben Jahren mangels Zeit nicht kam.

Die ersten Minuten verbringe ich alleine hier, und habe Zeit für einen Snack und ein paar Fotos. Alsbald bekomme ich Gesellschaft von ein paar Brasilianern, die – dem Regen zum Trotz – den Wasserfall für eine den Reaktionen nach sehr „erfrischende“ Dusche nutzen. Bei Sonnenschein hätte ich das vielleicht auch getan, aber da es mittlerweile nicht nur nass, sondern obendrein auch etwas kühl geworden ist, verkneife ich mir das.

Wegweisung Fehlanzeige

Danach spaziere ich erstmal ganz forsch zum gleichnamigen Strand Praia da Feiticeira, wo mir ein paar Einheimische erklären, dass ich einen anderen Weg hätte nehmen müssen. Einen solchen hatte ich zwar gesehen, aber nahezu überwuchert und ohne jegliche Kennzeichnung. Und tatsächlich sind Stromleitungen in den Bäumen für die nächsten zwei Tage noch die verlässlichsten Wegweiser – neben dem Ausfragen Einheimischer. Also wieder einen Kilometer zurück und ab auf den richtigen Weg nach Saco do Céu.

So langsam dämmert mir, auf was ich mich hier eingelassen habe: Wanderwege sind etwas anderes. Zwischen den kleinen, an Stränden gelegenen Siedlungen handelt es sich eher um Trampelpfade, meist ziemlich schmal und mitunter auch halb zugewachsen. Der Regen und das damit verbundene nasse Laub sowie der bei Nässe schmierige Lehmboden machen das Ganze auch nicht angenehmer. Aber ich wollte ja ein Abenteuer, hier bekomme ich es.

Aber auch an den Stränden kann das Wandern kompliziert werden, wenn man nicht genau weiß, wo die Pfade weitergehen. Da tapert man dann mitunter unter einem Bootsanleger hindurch bis zum Strandende, bevor man den Pfad in den Wald etwa fünfzig Meter in die Richtung, aus der man gekommen ist, erspäht.

Ein Dach über dem Kopf und eine warme Mahlzeit

Hinzu kommt natürlich mein mangelndes Training im Vorfeld, der Rucksack wird von Kilometer zu Kilometer immer schwerer. Und als ich gegen fünf in Saco do Céu ein Schild „Camping“ erspähe, beende ich den ersten Tag. Als Ilma, die Eigentümerin, mir dann sagt „Camping 50 Reais, Zimmer 120“, entscheide ich mich für die teurere Variante. So kann ich dann auch meine ganzen im Laufe des Tages feucht gewordenen Klamotten ausbreiten, wobei ich vielleicht schon vorwegnehmen kann, dass diese auf der ganzen Wanderung nicht mehr richtig trocken werden.

In Saco do Céu hat fast jeder ein Boot
In Saco do Céu hat fast jeder ein Boot

„Gata Russa“, so der Name der Unterkunft, beinhaltet auch ein Restaurant. Da es draußen nicht nur nass, sondern auch recht kühl ist, und ich der einzige Gast bin, gibt es das Abendessen (Risotto mit Meeresfrüchten) direkt in Ilma’s Wohnzimmer. Als ich am nächsten Morgen die Rechnung bezahle, erweist sich dieses Risotto zwar als relativ teure Alternative. Aber Ilma spricht ein gut verständliches Portugiesisch, hat schon mal in der Schweiz gewohnt, und hat auch sonst einiges über die Insel zu erzählen. Es wird ein interessanter Abend mit einer netten Unterhaltung. So erfahre ich, dass ihr Schweiz-Aufenthalt einem ehemaligen Lover geschuldet ist, der sich aber nach Ankunft in Brasilien zu sehr dem Cachaça (einem brasilianischen Zuckerrohrschnaps) zuwandte. Oder, dass Orte wie Saco do Céu oder auch Provetá weiter im Südwesten der Insel immerhin um die tausend Einwohner haben, und damit Abraão eben nicht die einzige größere Siedlung der Insel ist, sondern lediglich die touristisch am meisten erschlossene.

Als ich mich gegen zehn auf den Weg ins Zimmer mache, dauert es nicht lange, dann schlafe ich wie ein Stein.